Carl & Angel
Transzendentalistische Etüde für Trompete solo und Zuspiel (2019)

UA 01.11.2019, Köln
Marco Blaauw



Mr. R. is entering into paradise
Transzendentalistische Etüde für Trompete solo und Zuspiel (2019)

UA 01.11.2019, Köln
Marco Blaauw



Carl R. just having coffee and a good time with some angels (in paradise)
Transzendentalistische Etüde für Trompete solo und Zuspiel (2019)

UA 01.11.2019, Köln
Marco Blaauw



Die drei "transzendentalistischen Etüden" können einzeln oder aufeinanderfolgend gespielt werden. Sie gehen auf eine Idee aus dem Jahr 2012 zurück: Bezugnehmend auf die Überzeugung einiger vom amerikanischen Transzendentalismus beeinflusster Komponisten und Musiker, dass in einer fernen Zukunft jeder Mensch, ob professionell ausgebildet oder nicht, ein Künstler bzw. ein Komponist sein wird, habe ich über Jahre hinweg spontane und zufällige Gesangseinlagen verschiedener Menschen in der Öffentlichkeit mit dem Aufnahmegerät gesammelt.
Glücklicherweise konnte ich diese alte Idee 2019 durch den Kompositionsauftrag des Kolumba-Museums und der Franziskaner-Minoriten zum Anlass des Allerseelen-Tages in der Kapelle "Madonna zu den Trümmern" in Köln realisieren.

Die Etüden sind zudem Gedenkstücke, die an die Musik des fast vergessenen Komponisten Carl Ruggles erinnern sollen. Ruggles bezog sich in den Titeln seiner hermetisch-abstrakten Musik rätselhafter Weise häufig auf Engel. Mich interessierte hier aber weniger eine religiöse Ebene, sondern eher die heute mehr popkulturell aufgeladene Imagination von Engeln und der Reiz, der daraus entsteht, diese Imagination mit ganz konkreten Klängen und Bildern zu füttern und so eine Wirkung zu erzielen, die sich je nach individueller Hörerfahrung und persönlicher spiritueller Empfänglichkeit zwischen distanziertem Trash und authentischer Spriritualität bewegen könnte. Versuch einer Gratwanderung...

Das mit dem Aufnahmegerät gesammelte Material bildet die Grundlage des Zuspiels in der ersten Etüde (hier klanglich ganz unbearbeitet, wengleich extrem leise und in sehr kurze Momenten zerschnitten) und auch in der dritten Etüde (hier wiederum klanglich stark bearbeitet und gestreckt).
Die zweite Etüde versucht einen "Übergang" durch eine Verschränkung zwischen dem Atem des Trompeters und einer elektronischer Grundfrequenz.


>> Alles fließt... alles dreht sich (um).
Von den Fließbewegegungen des Wassers und des Lichts und von der Drehbewegung der Erde nahm alles Aufzeichnen und Wiedergeben seine Bewegungen ab, seit Helmholtz und Hertz den Satz ergänzt hatten: alles fließt, aber in Wellen. Und seit Bell und Edison aufging, daß "dem Fließenden" mit einer Drehbewegung zu begegnen sei, damit es sich nicht im Unendlichen verliere, sondern sich aufschreibe. "Einen Stift anbringen" (an der Erde)... Borste, Kratzer, Griffel, Nadel... zum wellenförmigen Einritzen ... und die Erde irgendwo einhängen mit ihrer Achse in ein festes Gestell ... damit aus Urgeräusch und ewigem Licht, Gottes Medienterror, endlich Sound werden konnte und Bilderstreifen ... Kinos und Platten.
Von der Walze auf die Platte kam zuerst Emil(e) Berliner 1887. Im vollen Bewußtsein seiner Gott-Beerbung griff er dazu in den Himmel, holte aus diesem den biblischen Aufschreibengel runter, und setzte ihn, 1899, Federkiel in der Hand, aufs Label seiner schwarzen Abspielscheibe.
... und es ging ... der Engel nahm den Job ...
<<
Klaus Theweleit











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für Cembalo solo mit Minisynthesizer (2017, rev. 2023)

UA 04.03.2020, Duisburg
Melchior Kupke


weitere Aufführungen:






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Stellenwert
für Plattenglocke solo (2014)

für Manos Tsangaris

UA 01.12.2014, Berlin - "Schwindel der Wirklichkeit" Akademie der Künste
Manos Tsangaris


weitere Aufführungen:

Manos Tsangaris

Youyung Jin

Youyung Jin

Manos Tsangaris

Nicolas Kuhn

Youyung Jin



Stellenwert für Plattenglocke solo ist Manos Tsangaris gewidmet und wurde von ihm 2014 in Berlin uraufgeführt. Eine wichtige Anregung waren Kunstwerke von Jacqueline Merz, die mit ihrem Titel "Aurafallen" das Setting beeinflusst haben: Verschiedene Gegenstände werden als Auslöser eines mit einer starken Aura aufgeladenen Klanges benutzt. Sie unterlaufen, kommentieren, verstärken, ironisieren, verschwinden hinter oder dominieren in ihrem Bildcharakter den auratischen Glockenklang - die Wahrnehmung bekommt "Aurafallen" gestellt oder stellt selbst welche auf. Stellenwert versucht, sich auf der Grenze zwischen Konzertstück, Performance und Objekttheater zu bewegen, ebenso auf dem schmalen Grat zwischen Trash und auratischer (Klang)-Erfahrung. Das objekthafte Setzen von Dingen, Klängen, das mich seit Langem beschäftigt, ist hier in theatrale Aktion gewendet.






>> mehr lesen in:
Tobias Eduard Schick: Hören und Sehen in unvertrauten Zusammenhängen,
in: Roesner/Hiekel (Hrsg): Gegenwart und Zukunft des Musiktheaters. Theorien, Analysen, Positionen / Bielefeld 2018

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Abriss
für Violoncello solo (2012)

UA 13.05.2012, HfM Dresden
Kwon Ah


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4
für Klavier solo (2011/12)

UA 13.07.2012, HfM Dresden
Nicolas Kuhn


weitere Aufführungen




4 für Klavier entstand 2011/12 während meines Kompositionsstudiums als eine Art Selbstversuch. Meine jahrelange Unlust, etwas für mein eigenes Instrument zu schreiben wollte ich mit einem Stück, das nur auf den Tasten und ohne rechtes Pedal funktioniert, somit das Klavier als neutral-objekthaften Tonhöhenerzeuger gebraucht, überwinden. Damals habe ich mich mit Fragen von Materialökonomie versus Reichhaltigkeit des Klangbildes beschäftigt: in den ersten beiden Abschnitten des Stückes herrscht reduziertes Tonmaterial vor, das nur sehr allmählich und sporadisch durch Resonanzen angereichert wird, im letzten Teil kehrt sich das Verhältnis dann um: Ein verschwenderischer Umgang mit Tonhöhen, Rhythmen, "besetztem" Material (wie etwa Splitter und Reste von Tonleiterübungen, Skalen) stellt sich ein. Die Intention war, dies alles als eindimensional wahrnehmen zu lassen, während der letzte Takt auf den Stückbeginn rekurriert: Ein reduziertes Material stellt sich in seiner klingenden Gestalt als komplexer heraus, als alle (pseudo)-komplexe Bewegungsenergie zuvor.
4 ist Ursprung und Teil eines Zyklus' von mehreren Instrumentalstücken, die sowohl separat, als 4.4 hintereinander, als auch als 4^4 simultan gespielt werden können.





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